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Big Data

Dr. Michael Seibel •    (Last Update: 25.03.2014)

So selbstevident, wie es der Begriff vom Menschen als Vernunftwesen für Kant einmal war, erscheint die neue und offenbar unhintergehbare Notwendigkeit, Volume, Velocity und Variety riesiger Datenmengen zu handeln. 'Big Data' ist offenbar der Hauptrohstoff des weltweiten kompetitiven Wettbewerbs. Die einschlägigen Methoden seiner Verwertung werden zur neuen Binnenbeschreibung avancierter Rationalität.

Sie schrankenlos einzusetzen scheint fast so etwas wie der neue kategorische Imperativ der Informationsgesellschaft zu werden.

'Big Data'-Handling ist möglicherweise gerade dabei, den Vernunftbegriff neu zu schreiben.

Die ökonomischen, und einzelwissenschaftlichen Diskurse zum Thema liefen lange Zeit recht unbemerkt von der Öffentlichkeit; zumindest in Deutschland. Ihre Tonlage ist im allgemeinen voll affirmativer Begeisterung. Wie bei allen Themen mit exquisiter Story, bei denen sagenhafte Möglichkeiten erzählbar sind, macht auch das Thema 'Big Data' Karrieren und Vermögen.

Seit Edward Snowden versammeln sich allerdings auch die Gegenstimmen. Sie formieren sich um die Forderung nach einem besseren Schutz von Privatheit.

Sofern die Debatte philosophisch geführt werden soll, ist nicht einfach zu fragen, ob es nach unserem Geschmack ist, auf ein Stück Privatheit zu verzichten, ob es sich hyper-öffentlich gut oder schlecht lebt oder ob wir mit welchen Mitteln und um welchen Preis um jeden Zipfel Privatheit zu kämpfen hätten.

Schon eher geht es darum, uns ein Bild davon zu machen, was auf uns zukommen könnte.

Aber Vorsicht, Philosophen sind so wenig Hellseher wie andere, und Propheten wollen und sollen sie schon gar nicht sein.

Die Rolle des wohl verstandenen Orakels im Sinne der delphischen Pythia kommt uns allerdings zu. Aber bitte auf Niveau der Philosophie! Als Verkünder und Unterscheider von Denkmöglichkeiten und Denkunmöglichkeiten.

Ist ein neuer Vernunftbegriff im Entstehen begriffen?

Verlässt die Vernunft gerade den menschlichen Körper und zwar nicht wie die Seele himmelwärts? Erleben wir die totale Transformation von Sein in Information?

Wäre die überhaupt denkbar und falls ja, was hieße, sie zu denken? Falls nein, in welche Richtung treibt uns die Drohung mit dem Szenario totaler Transparenz?

Das allermeiste ist hier, wie mir scheint, noch ungedacht.

Call for papers!



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