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Welt-Roulette

Franz Rieder • Einmal mehr auf’s Ganze, Roulette mit dem Untergang, Die Tugend der Tatkraft, Kyrie eleison des Managements   (Last Update: 01.06.2019)

Das Spiel mit den Devisen ist ein Spiel ohne Grenzen. In diesem doppelten Sinne: transnational und ohne Limit. Ist der Dollar stark, stehen die Währungen der sog. Schwellenländer und Emerging Markets unter Druck. Ihren Währungen setzen eine straffe US-Geldpolitik und zunehmende politische Instablität enorm zu, besonders in der Handelspolitik wie wir das derzeit (2018) erleben.

Die sog. BRICS-Staaten1 wie die Schwellenländer2 insgesamt sind, so wichtig wie sie auch für die Entwicklung und das globale Wirtschaftswachstum auch sein mögen, geradezu an den US-Dollar geknebelt. Sichtbar an den Veränderungen an den Devisenmärkten.
Dort ist der wichtigste Index, der MSCI3 , binnen der letzten drei Monate um über 6% gefallen. Einzelne Währungen traf es besonders hart wie etwa den argentinischen Peso, der über 30% nachgab oder die türkische Lira, die um 20% verlor. Die Tabelle zeigt recht deutlich, wie groß die Veränderungen gegenüber dem US-Dollar sind – und wie gering gegenüber dem Euro bzw. dem Yen. Und dass sich innerhalb kürzester Zeit die Verbindlichkeiten gegenüber den USA dramatisch vergrößert haben, zudem noch ein deutlicher Abfluss von Kapital aus den Aktienmärkten zu verzeichnen ist.

Letzteres deutet darauf hin, dass internationale Investoren zum US-Dollar kommen, aber gerade von den Märkten, die das Kpital dringend für ihre wirtschaftliche Entwicklung brauchen. Da diese Zu- und Abflüsse von Kapital sich teilweise in recht kurzen Abständen wiederholen können, ist an eine nachhaltige Wirtschaftsplanung und -entwicklung kaum zu denken. Unsicherheit gehört hier zum Wirtschaftsalltag wie dramatische Veränderungen bei der Inflation für die Menschen in diesen Ländern.

Die politischen Unsicherheiten, die von den USA z.B. in Handelsfragen ausgehen, erschüttern in diesen Ländern die Wirtschaft, die im Rahmen der Globalisierung zu immer enger vernetzten Epizentren der US-Wirtschafts- und Geldpolitik werden. Die FED hat mit ihren Ankündigungen, die Leitzinsen in den USA schneller anzuheben, als die Märkte erwartet hatten, so ein zusätzliches Momentum in diesen Prozess gesetzt und mehr Kapital aus den Schwellenländern abfließen lassen, als es die angekündigten Handelsturbulenzen allein verursacht haben.

Für die besonders betroffenen Länder haben die Konjunkturrisiken aber noch einen weiteren Effekt. Für sich, also als Volkswirtschaft betrachtet, müssten gerade Indien, Mexiko und Indonesien jetzt den Kapitalabfluss durch Zinserhöhungen stoppen, was aber geradezu kontraindiziert wäre, würde das nun schwächelnde Wirtschaftswachstum sofort die Grenze zur Rezession überschreiten; also sehen wir hier einen klassischen ‚double bind‘.

Immer auf der Suche nach Innovation und Wachstumschancen hat das weltweite Kapital in den vergangenen Jahren seinen Weg in die Schwellenländer gefunden. Und das Kalkül der Investoren hatte durchaus eine Zinsänderung der US-Notenbank eingerechnet, nicht aber drei bis vier Zinsstufen und eine gigantische Steuererleichterung, hauptsächlich für Unternehmen und private Vermögen, gleichwohl dies alles vom US-Präsidenten mit langem Vorlauf so angekündigt war.

Solche massiven Veränderungen in den Devisensalden sind nicht vorhersagbar. Nimmt man noch dazu, was allenthalben auch an den Aktienmärkten passieren kann, wenn etwa binnen zwei Stunden am 25.07.2018 die Marktkapitalisierung von Facebook in der Spitze um etwa 200 Mrd. US-Dollar zurück ging, was soviel bedeutet, als wäre in Griechenland oder Neuseeland die gesamte Produktion zum Erliegen gekommen, mag jeden Versuch einer Wirtschaftsprognose in seine Schranken weisen.

Nicht, dass man aufhören sollte mit Prognosen, nur ein wenig vorsichtiger damit umzugehen, wäre vernünftig. Schaut man aber auf die Bürger der westlichen Staaten, dann wird verständlich, wie schwierig eine Lebensplanung für viele geworden ist und in der Zukunft noch viel weniger sicher sie werden dürfte.

Ein Blick auf die chinesische Volkswirtschaft lässt die Risiken einer Rezession mit weltweit katastrophalen Auswirkungen für die Schwellenländer bis hin in weite Bereiche der Gesellschaften der Industriestaaten erahnen. Intellektuelle und sogar einige Wirtschaftsexperten, die man heute zu den Crash-Propheten zählen darf wie etwa Albert Edwards, Anlagestratege bei der Société Générale, wittern bereits „den ekelhaften Geruch von Rezession“. Manch einer baut sogar auf eine immanente Inflation von Blasen, je mehr und je schneller sie platzen.

Diesem übertriebenen Finanzmarkt-Pessimismus aber eigen ist eben die beschriebene Sichtweise, dass, solange sich die USA etwa zu einem Zinssatz von 1,9% Geld über einen zehnjährigen Zeitraum immer wieder neu zu verschaffen in der Lage ist, jede Haushaltsblase sich am langen Ende der Zinskurve selbst inflationiert.

Hinzu kommt, dass Regierungen weltweit darüber nachdenken, Bargeld nur noch elektronisch zu erzeugen, also durch Krypotwährungen o.ä. zu ersetzen, was zwei Vorteile hätte. Im Rahmen einer Prolongierung dieser Geldpolitik ist mit dem elektronischen Geld auch der völlige Durchgriff der Regierungen auf das Geld der Bürger gewährleistet, sowohl informell wie reell. Und diese Form der Digitalwährung, mit der dann Staatsanleihen gekauft würden, wäre gleichgesetzt mit einer Schuldenstornierung. Selbst Buchwerte wie wir sie heute kennen, die nichts weiter repräsentieren als Zahlen auf bedrucktem Papier und den Glauben, dass diese Zahlen Werte repräsentieren, wären getilgt. Es gäbe dann ja kein bedrucktes Papier mehr.

Aktientrader bzw. Akteure auf den Finanzmärkten kennen das; auf die Frage, wie hoch denn der Wert der Depots heute sei, kommt ehrliches Kopfschütteln. Da die Kurse schwanken, schwankt auch der Wert der Depots. Man hat kein Geld mehr. Man partizipiert an einem mehr oder weniger volatilen Marktprozess. Denn selbst in die artifiziellen Konten der Bürger müssten Zins- und Inflationsparameter eingerechnet werden und hätten allein deshalb schon nur noch wenig mit Konten zu tun, wie wir sie heute noch kennen. Und da der ‚Inhaber‘ eines virtuellen Kontos völlig transparent ist, und dies in Echtzeit, könnte sich die politische Finanzplanung ebenso in einer dezentralen Echtzeitdatenbank befindlich ständig mit den Geldströmen der Bürger abgleichen; wir kommen zu einem späteren Zeitpunkt auf diesen Kontext wieder zurück.

Das Weldtroulette des Regierungssektors müsste sich nicht ändern; im Gegenteil. Es könnte nun die aktuelle, monetäre Situation der Bürger in das Spiel mit einbeziehen. Währungskrisen wie wir sie in den 1930er Jahren und später in 2008 und folgende erlebt haben, wären so nicht mehr möglich. Lehman Brothers, AIG, die größte „US-Sparkasse „Washington Mutual“ und dann die fast gesamte US-Finanzbranche, aber auch die „Fortis“ in den Benelux-Staaten oder die isländische Kaupthing Bank, die deutsche „Hypo Real Estate“, die allein über 100 Mrd. Euro verschlang, nur um an die prominentesten Namen zu erinnen, zogen nicht nur eine weit in die Billionen Dollar reichende Banken- und Finanzkrise wie einen Kometenschweif hinter sich her.
Deutschland, die Vereinigten Staaten von Amerika und viele andere Industrieländer rauschten schnurstracks in eine Rezession, die größte nach dem Zweiten Weltkrieg.
Der Konsum weltweit, vor allem in den USA, ging stark zurück. Autos und andere Konsumgüter wurden nicht mehr gekauft, die Industrieproduktion brach massiv ein, in Deutschland um über 5 Prozent.

Da die deutsche Wirtschaft extrem exportorientiert ist, traf es sie besonders hart, vor allem die Bereiche Automobilindustrie und Maschinenbau. Mit Konjunkturprogrammen versuchten die Staaten weltweit die Folgen der Wirtschaftskrise einzudämmen. Alles das hätte wenig genützt, da die Finanzkrise in Europa sogleich in eine Währungskrise und damit in eine Staatsschuldenkrise überging. Und eben in dieser Phase erinnerten sich einige Staaten besonders gern und schnell an die Devisenwirtschaft und da das damalige Zinsniveau in der europäischen Währungsunion besonders niedrig war, liehen sich allen voran Portugal und Griechenland zu den guten Bedingungen bedeutend mehr Kapital als es ihre reale Wirtschaftskraft eigentlich zuließ.

Folgerichtig bewerteten die Ratingagenturen dieses Verhalten besonders negativ, da damit zu rechnen war, dass diese tour de raison von anderen, finanzschwachen Staaten kopiert werden und sich zudem noch negativ auf finanzstärkere Staaten auswirken könnte. Diese Verflechtung war den Kapitalnehmer-Ländern ziemlich gleichgültig, sahen sie sich ja nicht als Teil des Euro sondern als eine abgegrenzte Wirtschaft; quelle malheur.

Das Malheur verschärfte sich durch das Verhalten der Investoren, das nicht an sich, aber stets zum gegebenen Zeitpunkt, wenn es sich dann umkehrt, überrascht. „Die straffere Geldpolitik in den USA sorgt nun dafür, dass sie viel genauer auf die Risiken schauen.“4
Sind einmal Unsicherheit und eine straffere US-Geldpolitik auf den Devisenmärkten unterwegs, drohen langfristig negative Auswirkungen in den Schwellenländern mit einem positiven Effekt in den USA. Dieser seltsame Vorgang ist das Spezifikum der aktuellen Situation in der Devisenwirtschaft in der Folge von Bretton-Woods. Alle Staaten verlieren, die USA gewinnen; the winner takes it all!

Den Prozess selbst zu verstehen, ist nicht schwer. Warum das so sein muss, allerdings. Betrachtet man die Vorgänge über einen gewissen Zeitraum hinweg, wird man feststellen, dass Währungskrisen sich ankündigen. Signale sind dauerhaft hohe Defizite in der Handelsbilanz, also negative Salden im Handel einer Volkswirtschaft von Waren und Dienstleistungen mit dem Ausland.
Überraschend für viele ist, dass gerade diese Defizite mit einer Zunahme von Kapital aus dem Ausland einher gehen. Defizite in der Handelsbilanz sind für Unternehmen oder Privatleute aus Schwellenländern aber mitunter durchaus attraktiv, da sie auf der Grundlage von Verschuldung in Fremdwährungen entstehen, also auf gewährten Krediten in Fremdwährungen, die ein höheres Zinsniveau ausweisen als der Dollar.

Bleibt der Wechselkurs zwischen der Währung des Schwellenlandes und der Fremdwährung relativ stabil, profitieren die Schwellenländer von den Zinsdifferenzen nicht schlecht. Wertet eine Schwellenland-Währung aber ab, wie etwa seit Jahresbeginn 2018 die türkische Lira, kommen die Schuldner, also die Unternehmen und Privatleute schnell in Bedrängnis und mit ihnen auch die Landeswährung. Steigt also der Dollar, sind die Dollarschulden der Schwellenländer höher.

Wir dürfen also festhalten, dass die Betrachtung einer Volkswirtschaft aus der Sicht wirtschaftlicher Kennzahlen allein nicht sinnvoll erscheint. Auch das Kriterium Wechselkurs, so wichtig es auch scheint, ist, hinzu genommen noch nicht hinreichend für eine Analyse. Politische Kalküle sind zu beachten. Und die sind oft versteckt in den plötzlich auftretenden Kursstürzen der Währungen von Schwellenländern.

Im Jahr 2013 war allein die Äußerung des damaligen FED-Chefs Bernanke, die massiven Anleihenkäufe der FED in den USA einzustellen, ein lapsus linguae, den Bernanke sich lange nicht verziehen hat, ausreichend, um einen dramatischen Kapitalabfluss aus den Schwellenländern zu provozieren. Die türkische Lira, der südafrikanische Rand oder die indische Rupie werteten darauf hin binnen eines Jahres um 10% bis 30% gegenüber dem US-Dollar ab.

Natürlich haben die USA kein vitales Interesse am massenhaften Bankrott von Schwellenländern, sind diese ja auch Absatzmärkte und strategisch auf vielfältige Weise mit den USA verbunden. Die Türkei ist Nato-Partner und gewissermaßen Gatekeeper zu einer der welt- und machtpolitisch schwierigsten Regionen der Erde. China ist mittlerweile als Handelspartner, Element der globalen Wertschöpfung und als finanzpolitischer „Stakeholder“ zu bedeutend, dass sich sogar ein unter Druck geratener Yen auch für die USA negativ auswirken könnte.

Richtig ist, dass allein schon der Beginn eines eskalierenden Handelsstreits zwischen den USA und China, China in eine gefährliche Lage bringt. Chinas Wirtschaft und Chinas Politik sind gleichermaßen von der Situation auf den Devisenmärkten abhängig und reagieren sensibel auf die Abwertungen des Yuan, der in kürzester Zeit gegenüber dem Dollar über fünf Prozent verloren hat. Eigentlich wäre die chinesischen Notenbank aufgefordert, eine straffere Geldpolitik zu fahren, sie tut das Gegenteil und schwächt damit den Yuan weiter. Was hat das für einen Sinn?

China hat weder ein Problem mit der Leistungsbilanz und die Notenbank verfügt über einen geradezu paradiesischen Zugriff auf die Währung des eigenen Landes. Aber Angriffe auf die Handelsbilanz aus den USA sind für China fast lebensbedrohlich. Eine direkte Gegenwehr, bei der China nicht als Verlierer aus dem Ring steigt, ist nicht in Sicht. Aber die chinesische Regierung hat, anders als die USA, die Vernetzung der im globalen Handel am stärksten vernetzten Wirtschaft als ihre Stärke und als die Schwäche der USA erkannt. Daher war es konsequent von der chinesischen Notenbank, durch eine ausgabenfreudige Geldpolitik den Abwertungsdruck auf den Yuan zu erhöhen.

Das setzt wiederum andere asiatische Währungen stark unter Druck, für die der Yuan als eine Art Ankerwährung funktioniert5 . Diese Staaten also, die einen starken, florierenden Handel mit der Volksrepublik pflegen, wie etwa Singapur, Südkorea, Taiwan etc. müssen währungstechnisch gleichziehen und abwerten bzw. müssen einer Abwertung passiv begegnen. Dadurch, dass auch deren Währungen nun gegenüber dem Dollar verlieren, verteuern sich die Waren und Dienstleistungen der USA und wird der Wettbewerbsdruck auf die US-Wirtschaft erhöht. Und die Handelbilanz der USA wird durch die nun teuren Ausfuhren gegenüber den Importen noch ungünstiger.

Nebenbei erhöhen sich zwar die Dollar-Schulden der Schwellenländer, die aber durch ihre langfristige Ausrichtung unsensibel gegenüber den Kapitalmärkten sind, gleichzeitig aber werden für die gerade in den Dollar abgewanderten Investoren Anlageklassen wie Aktien und Anleihen der Schwellenländer wieder interessant, da diese zwar an Wert verloren haben, aber die Wirtschaft der Schwellenländer nach wie vor intakt und mit starken Renditeaussichten bewertet ist; so wird ein Ausverkauf verhindert und neues Kapital angelockt; encore, fait votre jeux!



Einmal mehr auf’s Ganze


Nicht nur die Schwellenländer, auch Staaten Südeuropas stehen vor einer schweren Zeit mit hohen, währungspolitischen und wirtschaftlichen Risiken. Aber, als wäre das alles nicht längst bekannt, stürmt die Politik sehenden Auges auf den Abgrund zu. Ob Geschichte sich wiederholt ist nicht die Frage. Ob Geschichte sich genau so wiederholt wie einst schon eher. Aber die einzig wirkliche Frage, die wert ist, gestellt zu werden, ist, was und ob man etwas an den Veränderungen, die jede Geschichte, selbst wenn sie sich zu wiederholen scheint, mit sich führt, erkennen kann?

Was heute, Ende des Jahres 2018, auf den Geld- und Devisenmärkten passiert, kennen wir so ähnlich bereits aus dem Jahr 1981, als der damalige US-Präsiden R. Reagan sein Amt übernahm. Wie kürzlich D. Trump senkte auch Reagan die Höchstsätze der Körperschaftsteuer und die persönliche Einkommensteuer. Die eine erlaubte in beiden Zeiten eine extrem kurzfristige Abschreibung von betrieblichen Ausrüstungsinvestitionen, und dies beileibe nicht nur auf geringwertige Abschreibungsgüter.

Unter dem Index: Stärkung der Angebotspolitik, was ja schon den massiven Eingriff in das „autonome“ Wirtschaftsgeschehen von Seiten der Politik semantisch illustriert, fanden sich dann schnell noch allseits bekannte und wiederholte politische Eingriffe in die Ökonomie der USA ein. Zuvörderst eine fast hemmungslose Deregulierung weiter Teile der Wirtschaft, vor allem im Banken- und Finanzbereich, bei Energie und mittels Handelsabkommen in die Import- bzw. Exportwirtschaft. Den größten Effekt bzw. Einfluss machte die damals wie heute beschlossene Steuersenkung erheblichen Ausmaßes.

Dabei ging die US-amerikanische Lehrmeinung von dem sog. Laffer-Effekt6 aus, wonach sich die Steuersenkungen durch einen von diesen ausgelösten Nachfrage-Boom refinanzieren; damals eine fromme Lehrmeinung, heute ein zerplatzter frommer Wunsch; um so mehr verwundert, dass Trump mit eben solch einer Argumentation vor der schweigenden Öffentlichkeit in dieser Angelegenheit bestehen kann.

Was bei Reagan herauskam, war aber alles andere als eine schöne Laffer-Kurve, war binnen zweier Legislaturperioden eine Verdoppelung der Defizitquote des US-Staates im Vergleich zu den zwei vorangehenden Perioden; in Summe um mehrere Hunderte Milliarden US-Dollar über dem Niveau, auf dem sie geklettert wäre, ohne fiskalische Brachialmethoden.

Was wohl von damals in Erinnerung blieb, war der wirtschaftliche Aufschwung von damals; alles andere wie die Staatsschulden wurden und werden verdrängt – ein sehr probater Mechanismus: einen Aspekt, dem alle Menschen zustimmen können, herausheben im Diskurs und alle anderen dadurch zu Schweigen bringen.
Trump tut es also Reagan gleich und wird zum Helden eines (schuldenfinanzierten) Aufschwungs, mehr will man, nicht hören, nicht lesen.

Aber da waren und sind die Nebenwirkungen und Kollateralschäden auf den weltweit vernetzten Finanz- und Devisenmärkten. Bedingt durch den Anstieg der kurz- und langfristigen Zinsen in den USA allein schon ergaben sich erhebliche Verwerfungen auf den Märkten, die auf der ganzen Welt viele Banken und ganze Volkswirtschaften, die sich in Dollar verschuldet haben, in Schwierigkeiten brachten und derzeit wieder bringen.

Mitte der Amtszeit von Reagan stiegen die Realzinsen für zehnjährige US-Staatspapiere rasant an. Lagen sie in den 1970er-Jahren meistens unter zwei Prozent, temporär sogar im negativ Bereich wie bis vor kurzem noch deutsche Staatsanleihen z.B., erreichten sie bereits 1982 einen Wert von sieben Prozent, der in den Folgejahren sogar noch übertroffen wurde.
Gleichzeitig und bedingt dadurch stieg der Dollar im Vergleich zu den meisten anderen Währungen der Welt wie dies auch heute wiederum geschieht.

Staaten, vor allem Schwellenländer, die in heimischer Währung bilanzieren, aber in Dollar verschuldet sind, verloren und verlieren in der Folge durch die Aufwertung ihrer Passiva, also ihrer Auslandsschulden in Dollarwährung, plötzlich sehr viel Eigenkapital, was im Jahr 1982 Mexiko in den Konkurs trieb. Nicht viel später folgten Argentinien, Brasilien und Chile; heute ersetzt die Türkei mit erheblich größeren Auswirkungen Chile, die aber auch damals schon, wenn gleich weniger betroffen, beteiligt war; sonst, da capo.

Wie damals so sind auch heute viele Schwellenländer vor allem in Lateinamerika hoch in Dollar verschuldet und dem Konkurs mindestens nahe, wenn nicht schon mitten darin.
Gegen den US-amerikanischen Zinsanstieg ist auch Europa heute nicht gefeit und nur die Gemeinschaftswährung Euro hat bislang verhindert, dass südeuropäische Staaten zu drastischen Abwertungen ihrer Währungen greifen mussten. Gleichwohl die Auswirkungen in Europa anders gelagert sind, steigt die Gefahr der Nicht-Refinanzierbarkeit der Staatsdefizite südeuropäischer Staaten, einschließlich der Türkei, bei einem Zinsanstieg im Euro- wie im türkischen Liraraum.

Wir sehen also Parallelen zwischen Reagan und Trump. So die erhebliche Senkung des Körperschaftssteuersatz von 35 auf 21 Prozent, die Abschreibungsmöglichkeiten der US-amerikanischen Wirtschaft auf Ausrüstungsgüter. Nehmen wir noch die aktuellen Effekte aus der Abschaffung der Steuern auf repatriierte Gewinne von US-Unternehmen hinzu, wobei hier die derzeit größten Unternehmen der Welt zu den Nutznießern zählen und das mittlerweile pyramidierte Staatsdefizit von knapp 2 Billionen US-Dollar binnen einer Zehnjahresfrist, dann sind zwei Prozesse, zwei Wellenlinien der Entwicklung bereits sichtbar.

Das US- Wirtschaftswachstum liegt derzeit bei immensen vier Prozent, was für eine entwickelte Industrienationen recht hoch ist. Das entsprechende europäische Wachstum beträgt dagegen weniger als die Häfte. Dies repräsentiert sich auch in der Wertdifferenz zwischen amerikanischen und deutschen Staatsanleihen, die am Beginn der derzeitigen Dekade fast bei Null lag, heute bereits ünber drei Prozent beträgt; bei einer Inflationsrate in Europa von deutlich noch unter zwei Prozent.

Neben dem Zinstrend hat sich auch ein Trend bei den Wechselkursen eingestellt. Der Dollar steigt, der Euro fällt. Dieser Trend wird wohl anhalten, da die EZB keine Möglichkeit hat, kurzfristig und nachhaltig die Zinsen auf den Euro zu erhöhen, während die Fed ordentlich an der Zinsschraube bereits vor zwei Jahren zu drehen begonnen hat, mit dem Ergebnis, das der Us-Notenbank-Zins bereits wieder über zwei Prozent liegt.

Wen ndie Dramatik dieser Entwicklung in Europa noch nicht angekommen ist, für die Schwellenländer wird der Währungsabgrund bereits sichtbar. Indonesien und Südafrika, Argentinien und die Türkei, beide bereits 1982 betroffen, und die genannten südeuropäischen Volkswirtschaften, deren Pleite noch „virtuell“ scheint, nach Maßgabe vorausschauender Anti-Defizitpolitik aber faktisch bereits eingetreten ist, sind wohl zu viel der Parallelen. Italien und Griechenland, aber auch Spanien und andere EU-Staaten könnten selbst minimale Zinsanstiege kaum verkraften. Was noch erschwerend hinzukommt: beginnen einmal die Finanzmärkte gegen diese Volkswirtschaften zu agieren, werden jene auf derart abschüssige Bahnen gesetzt, dass mit ordentlicher Beschleunigung eine Abwärtsspirale einsetzt, die verheerend sein dürfte.



Roulette mit dem Untergang


Die Marktwirtschaft sitzt am Spieltisch. Amerika ist die Bank. Und die Schwellenländer zahlen einmal mehr die Zeche.
Die währungspolitischen Turbulenzen haben viele Schwellenländerwährungen bereits fest im Griff, zu den aus den 1980ger-Jahren sind einige Staaten noch hinzu gekommen.
Sprechen wir von Währungsturbulenzen, dann sprechen wir von finanzmarkttechnischen Prozessen. Eine technische Entwicklung ist, dass Währungen an Wert verlieren, wenn Kapital aus den Schwellenländern, wo es vorher in einem hohen Maße eingeflossen ist, wieder abfließt. Währungstechnische Gewinne aus der Vergangenheit werden so binnen kurzer Zeitphasen von entsprechenden Verlusten wieder aufgezehrt, ohne, dass dabei fundamentale Wertschöpfung im ökonomischen Sinne am Werke ist.

Das führt zu einer zweiten, währungstechnischen Folge, dass nämlich viele der einstigen Investoren in die Kapitalmärkte der Schwellenländer unter Druck geraten und ihre Positionen dort rasch auflösen müssen. Besonders Positionstrading7 ist sensibel gegenüber turbulenten Währungsschwankung, sowohl auf- wie abwärts, wobei die Abwärtsbewegung in aller Regel mit viel höherer Beschleunigung stattfindet, also auch viel risikoreicher ist; es sei denn, Investoren spekulieren auf Währungsverluste, was für die Emittenten von Staatsanleihen katastrophal werden kann.

In der derzeitigen Situation zeigt sich, dass die betroffenen Schwellenländer gegenüber der letzten Phase der Währungsturbulenzen relativ gut in einem fundamentalen, ökonomischen Sinne da stehen. Zeichneten sie früher in der Regel deutlich negative Salden im Handel von Waren und Dienstleistungen mit dem Ausland, stehen die meisten Schwellenländer heute diesbezüglich ganz solide da.
Wir erkennen also allein daran schon, dass finanzmarkttechnische Prozesse alle anderen dominieren.
An den Schwellenländern zeigt sich, dass der Außenfinanzierungsbedarf kein wirkliches Kriterium für Krisen und Schwankungen abgibt, sondern allein die Renditemöglichkeiten in den Schwellenländern den Zufluss, die Liquidität regeln, und dies gilt unabhängig davon, ob wir es mit einer entwickelten Volkswirtschaft oder nicht zu tun haben.
Natürlich beeinflusst eine steigende Liquidität in diesen Ländern kurz- bis mittelfristig auch die Finanzierungskosten von Investitionen auf breiter Front und lässt dann auch die Renditen, die an den Finanzkosten für Investitionen gebunden sind, tendenziell fallen.

Das wird dann zu einem echten Problem, wenn also Unternehmen wie private Haushalte sich in heimischer Währung verschulden, dann Kapital aus diesen Ländern abfließt und die schwachen Renditen auf niedrig verzinste Investitionen unrentabel für die Investoren werden.

Man muss erkennen, dass diese finanzmarktechnischen Prozesse ganz stark vom US-Anleihemarkt beeinflusst sind. Man sieht also, dass die Dominanz finanzmarktechnische Prozesse häufig ihren Ausgangspunkt in den USA haben, besonders durch fiskalpolitische Entscheidungen und Entscheidungen der amerikanischen Notenbank Fed.
Die Fed gibt Taktik und Tempo vor. Und alle großen Notenbanken folgen, müssen folgen. Europäische und asiatische Notenbanken haben die Märkte mit unglaublicher Liquidität in unglaublicher Menge quasi überflutet und damit ihre Bilanzen enorm ausgeweitet. Bis vor etwa einem Jahr. Seit dem reduziert die Fed ihre Bilanz, indem sie auslaufende Anleihen aus ihrem Bestand nicht mehr ersetzt; zu einem immer größer werden Anteil.

Der Unterschied zu anderen Volkswirtschaften aber ist, dass die Verknappung der Geldmenge sich in der US-Volkswirtschaft nicht bemerkbar macht; die prosperiert trotzdem. Nach Maßgabe der Geldmengen-Theorie sind solche Liquiditätsverknappungen typisch für die Spätphase eines Zyklus‘, dessen Wesen auch ist, dass sich Liquidität in ganz bestimmten volkswirtschaftlichen Regionen konzentriert und damit auch die Schwankungsbreite und -dynamik dieser Märkte stark abnimmt, bis ganz zum Erliegen kommt.
Die Krux dabei aber ist, dass dies, und dies zeigt sich immer deutlicher, für die Region USA mittlerweile nur noch gilt. Galt es Ende der 1980er-Jahre noch für Japan, so sind diese Phasen seit 1999 auf die USA beschränkt.

Beginnt diese Phase der finanzmarkttechnischen Turbulenzen mit einem Zufluss an Kapital und bewegt sich weiter parallel zur Verminderung der Liquidität durch die US-Notenbank, dann endet dieser Prozess aber nicht lehrmeinungs-adäquat im Zustand der Ausgewogenheit zwischen Kapitalzufluss und Liquiditätsverringerung im Wirtschaftsraum der USA. Denn die Notenbankpolitik steht nun vor der Aufgabe, bedingt durch das langanhaltende „Quantitative Easing“ (QE), weiter Anleihen aus ihren Beständen den Märkten zurück zu führen. Es kommt in der Folge dann dazu, dass irgendwann aber das, was die Fed an Kapital absorbiert, größer ist als das, was dem Land an Kapital von außen zufließt.

Und die Fed gerät schnell in die nächste Eskalationsstufe, dann nämlich, wenn es zu den unvermeidbaren Schwankungen an der US-Börsen kommt, die leicht und schnell zwanzig und mehr Prozentpunkte erreichen können. Stoppt die Fed dann den Zinsanstieg, hilft das den Schwellenländern zunächst wenig, denn ersten reagieren die Märkte dann doch nicht so schnell und zweitens bleibt ja eine satte Zinsdifferenz zwischen den US- und den Schwellenländer-Anleihen bestehen.

Maßgeblicher aber ist, dass Finanzmärkte nicht nur abgekoppelt von den fundamentalen Wirtschaftsprozessen sich entwickeln, sondern dass die technischen Prozesse durchaus in einem komplementären Verhältnis zu diesen stehen. Eine Transformation in die fundamentalen, marktwirtschaftlichen Prozesse findet so statt, dass die in den Kursen eingepreisten, den marktwirtschaftlichen Prozessen also zeitlich asynchron vorlaufenden Prozessen, durch die Zinsrevision der US-Notenbank und der daraus sich ergebenden Währungsrevision, also einem Absinken des Dollarkurses den Abwärtstrend besonders exportorientierter Schwellenländer bremsen kann.

Wir verwenden die sprachliche Möglichkeitsform deshalb, weil selbst auf den Geldmärkten kein Determinismus in Richtung fundamentaler, also mikro-ökonomischer Prozesse, stattfindet. Deshalb nicht, weil in die Beziehung von steigenden Aktienmärkten, mithin steigender Marktkapitalisierung der Unternehmen und sinkender Liquidität bzw. Geldmenge die o.g. fiskal-, handels-, und geldpolitischen Maßnahmen in ihrer technischen Gesamtheit zu starke Einflüsse ausüben.
Sinkt also die von der US-Notenbank zur Verfügung gestellten Geldmenge, sprich Liquidität, dann wär das Bewertungsniveau der Aktienkurse bzw. der Marktkapitalisierung der Unternehmen nur dann gerechtfertigt, wenn auch die Unternehmensgewinne stiegen; so jedenfalls die klassische Ökonomik.

Sehen wir aber hin auf diese Bewertungen aun den Grad an Produktivität, dann sehen wir, das dem nicht der Fall ist. Es wäre zu schön gewesen, wenn die Unternehmen das „billige Geld“ allein zur Verbesserung der Produktivität verwendet hätten; mithin ein stets frommer Wunsch und ein schon klassisch anmutende Diskursverschleierung der politischen Ökonomie.
Die mikro-ökonomische Situation der Unternehmen in den USA entspricht nicht einem Verhältnis von Geldmenge, Marktkapitalisierung und Produktivität. Im Gegenteil, die amerikanischen Unternehmen haben das überbordende Kapital vor allem dazu verwendet, Aktien zurückzukaufen, und so ihre Verschuldung erhöht und ihre Produktivität allenfalls gehalten. Viele von ihnen „profitieren“ hauptsächlich von handelspolitischen Marktmanipulationen wie z.B. durch das neue Handelsabkommen zwischen USA-Mexiko-Kanada (USMCA), hier vor allem die amerikanische Milchwirtschaft, die amerikanische Sojawirtschaft durch das entsprechende Abkommen der USA mit Europa, das auch die Erdgaslieferung nach Europa und die Einfuhr von Aluminium etc. durch Zölle zugunsten der USA reguliert.

Wie hoch die „Einmischung“ der politischen Ökonomie in die Mikro- und die Geld- und Finanzökonomie ist, erkennen wir nicht nur an der disreziproken Auswirkungen der Liquiditätszuflüsse zur Produktivität und Eigenkapitalrate der Unternehmen. Auf verschlungenen Umwegen, teils über Monate und Jahre anhaltende Wirkzusammenhänge kommen die transformativen technischen Prozesse in den Unternehmen und Haushalten der USA, aber auch in weiten Teilen der Weltwirtschaft und damit weit über die Schwellenländer hinaus, an.

Mit dem fiskalischen Harakiri hat die US-Regierung unter Donald Trump, ohne Not, trotz guter Konjunktur das bereits bestehende, deutlich zu hohe Haushaltsdefizit mitteles eines Konjunkturprogramms, wie es die letzten Jahrzehnte nicht einmal in den USA möglich war, noch einmal signifikant erhöht; übringens wäre Keynes wohl schon vor Jahrzehnten aber spätestens im Jahr 2018 gerne aus seinem Sarg der amerikanischen Administration direkt ins Gesicht gesprungen, hätte er gekonnt (schade!).

Fassen wir zusammen, dann imponiert eine auf Schulden gebaute, gute US-Konjunktur mit einem Defizit im Haushalt und in der Leistungsbilanz, also im Handel von Waren und Dienstleistungen mit dem Ausland in der Größenordnung von für das nächste Jahr prognostizierten achteinhalb Prozent der Wirtschaftsleistung; das kann sich kein Land der Erde sonst erlauben. Aber, solange der Dollar die weltweite Leitwährung ist, können sich die USA fast unbegrenzt verschulden, gewiss nicht ohne ein ebenfalls in dieser Größenordnung existierenden Risikos, nur, dass dieses Risiko nicht nach dem Verursacherprinzip allein den USA zufällt, wie wir durch die Finanzkrise 2007/08 erfahren durften.

Denn der Spielraum der US-Schulden ist ganz wesentlich abhängig davon, wie viel Kapital aus dem Ausland in die USA fließt, um den Lebensstandart seine Einwohner und die Ambitionen seiner Wirtschaft und seines Militärs zu refinanzieren. Und diese Kapital kommt nicht nur wie im Moment aus den Schwellenländern, sondern auch aus Europa. Für etwa 1Billion US-Dollar haben Europäer in den letzten Jahren US-Unternehmensanleihen gekauft. So viele, dass die Portfolios geradezu nach risiko-minimierender Dis-Allkokation schreien. So vollgestopft mit US-Dollar sind diese europäischen Portfolios hochsensibel für Währungsschwankungen. Gerne nimmt man steigende Dollarkurse zu den Kurssteigerungen der Staatspapiere mit, fällt aber der Dollarkurs, wird es brenzlig.

Wir sehen bereits heute, dass die US-Finanzmärkte hochgradig überkauft sind und Tagesschwankungen von 2-3 Prozent in den Indizees zunehmen. Schulden, Aktienrückkäufe, Zinsverläufe spielen ab einem gewissen Zeitpunkt ihre eigene Gesamtregie und die ausländischen Investoren, von nervöser Natur per se, drehen schnell am Startknopf für die „Repatriierung“ ihres Kapitals.
Was macht dann die Fed, wenn die Europäer ihr Kapital aus den USA wieder zurückholen, wenn die Handelsstrategie und die – wieder schuldenfinanzierte – Stärkung der US-Binnenkoinjunktur zudem nicht greifen; ja eigentlich nach der Lehrmeinung auch nicht greifen können?

Die Defizitfinanzierung lässt dann nur noch ein Türchen offen, die USA müssen den Investoren höhere Zinsen bieten. Doch gibt die US-Wirtschaft diese Zinsen, ohne eine deutlich höhere Produktivität überhaupt her? Eher, nein.
Gleichzeit schlüpft durch dieses Zinstürchen auch noch der Dollarkurs, genau genommen der Wechselkurs des Dollars zu den Währung der ausländischen Investoren. Die wiederum sehen einem besseren Wechselkurs mit einem schwächeren Dollar gerne entgegen, werden ja dadurch die Investments billiger. Doch auch der Dollar hat zwei Seiten. Fällt er gegenüber dem Euro, Yen und Remnimbi8 , werten also diese Währungen gegenüber dem Dollar auf, um den Kapitalzufluss nicht überborden zu lassen, verstärkt dies noch den Mittelabfluss aus den USA und die Risiken in Form von Schwankungen an den US-Märkten steigen. Eine zu große Volatilität der Finanzmärkte aber befällt auch die USA mit dem Dollar als weltweite Leitwährung à la longue.



Angst essen Seele


Turbulenzen erzeugen Angst. Die für die Turbulenzen verantwortlichen Regierungen, hauptsächlich der USA kennen die Angst vor dem Verlust der Wählergunst und also ihrer Machtoptionen nur einmal in einer Legislaturperiode. Das ist vor der Wiederwahl des Präsidenten (eine feminine Deklinationation ist hier noch nicht möglich). Der Leidensweg europäischer Politikerinnen und Politiker an der Spitze einer Regierung ist in vielen Fällen erheblich schmerzhafter und langwieriger. Die Ängste von Regierungen, durch Turbulenzen auf den Geld- und Finanzmärkten ausgelöst, kanalisieren sich überwiegend in zwei Richtungen. Eine, mehr oder weniger stark angetriebene Zinshysterie mit bipolaren Schwankungszuständen. Eine andere, deutlich stärkere Verlustangst, ausgelöst in der Folge der Turbulenzen von Rezessionsphantasien.

Die Zinshysterie wird aktuell von der Fed daselbst inszeniert. Die US-Wirtschaft befindet sich nicht in einer Aufschwungphase, sie boomt. Zehn Jahre nach der verheerenden Finanzkrise und nach etwa 4-5 Jahren der Stagnation, erfreuen sich die Vereinigten Staaten von Amerika über eine bemerkenswert positive Wirtschaftslage, die der Notenbankchef, Jerome Powell, jüngst wie folgt bewertete: „Es gibt wirklich keinen Grund zu der Annahme, dass dieser Zyklus nicht noch einige Zeit fortgesetzt werden kann.“

Und wie immer lauschten die Märkte spitzohrig in die Zwischentöne der Notenbankrede und wie immer war eine minimal-semantische Diskursinvasion, die fast unmittelbar nach der Rede die US-Anleihemärkte auf Talfahrt schickte. Powell sprach weiter den Satz: „Wir könnten über neutral gehen. Aber aktuell sind wir wahrscheinlich noch weit von diesem Punkt entfernt.“ Und meinte damit die Leitzinsen der Notenbank. Selbst kleinste semantische Noten, gerne auch bewusst als „Versprecher“ artikuliert, lassen Boomphantasien zu Rezessionsphantasien degradieren. Denn das Zinsniveau der Notenbank wird von den Finanzmärkten als bremsend, neutral oder unterstützend bewertet und Powell hat in seiner Notenbankrede erstmals durchblicken lassen, dass die Notenbank die Leitzinsen über das sogenannte neutrale Zinsniveau hinaus anheben könnte.

Das neutrale Zinsniveau markiert jene Demarkationslinie, an der die Leitzinsen das Wirtschaftswachstum weder stützen noch bremsen und die liegt nach übereinstimmender Meinung der Märkte bei etwa 3%. Die Leitzinsen der US-Notenbank liegen zwar noch deutlich unter 3%, notieren aktuell zwischen 2,25 und 2,5 Prozent. Doch die subtil formulierte Aussicht, dass die Fed die Zinsen auf ein Niveau heben könnte, welches die Wirtschaft ausbremst, sorgte an den Anleihemärkten für Unruhe. Die Kurse für US-Staatsanleihen brachen Tags darauf ein.
In der Folge kletterte die Rendite für Treasuries mit zehnjähriger Laufzeit auf über 3,2 Prozent – den höchsten Stand seit 2011. Die Rendite für Papiere mit 30-jähriger Laufzeit stieg auf knapp 3,4 Prozent und damit ebenfalls auf ein Mehrjahreshoch. Das sind heftige Marktreaktionen, allein ausgelöst durch subtile Insider-Semantik – wir kommen in anderen Zusammenhängen darauf zurück.

Die Rendite für US-Staatsanleihen waren bereits deutlich angestiegen, getrieben durch die zuletzt glänzenden Zahlen des ISM-Einkaufsmanagerindexes für den Industrie- und Dienstleistungssektor und andere sog. Frühindikatoren. Powell hat diese durchaus positiven Renditeerwartungen der Investoren dann noch ein wenig angeheizt, gewissermaßen überhitzt. Waren die Frühindikatoren selbst schon dabei, die Märkte über die tatsächlichen Verhältnisse hinaus anzuheizen und ließen Kapital in Strömen in die US-Staatsanleihen fließen, so bewegte Powells Speech den Boom in ein Überhitzungsszenario.
Wie als wäre es eine Tugend der Wirtschafts- und Finanzexperten, folgte dem Chef-Speech die angstgetriebe Warnung vor einem Ende des anhaltenden Konjunkturaufschwungs an seinem Höchstpunkt. Das Boom-Festival der Anleihenmärkte erscheint wie der letzte Tag des „Burning Man“9 , wenn positive Erwartungen in einem hysterischen Spektakel untergehen und sich nach dem Taumel die Angst vor der Totenstarre breit macht.

Dann beginnt nicht nur die Angst vor den Rezessionsgefahren, in die die amerikanische Wirtschaft hinein zu laufen droht und sie sich mit scheinbar Riesenschritten auf das Ende des Konjunkturzyklus zu bewegt, wenn gleich die Rezessionsgefahren aktuell noch gering sind. Getrieben zwischen Angst und Euphorie, zwischen realen, überdurchschnittlich guten Renditen und einer zukünftig möglichen Rezession, die ja immer eintreten kann, auch ohne semantische Notierung, bleibt scheinbar nur ein Ausweg, die Hysterie.

Starken Marktbewegungen folgen hysterische Reaktionen der Investoren. Die kaufen und verkaufen fast gleichzeitig US-Bonds, was sich einige Zeit die Waage hält, weil die Algorithmen der Hochgeschwindigkeits-Handelsplattformen jeden „Tag“ mitgehen und wenig „Market-Maker“-Optionen haben; man spricht dann bei den Elliot Wellen auch von einem LDT (Leading Diagonal Triangle), das sich ausbildet, bevor die Bonds so richtig auf die Mütze kriegen.

Besonders am langen Zinsende wird die Zinsrevision am deutlichsten. Dies ist viel sensibler gegenüber Veränderungen der Wachstums- und Inflationserwartungen der Marktteilnehmer. Steigen Zinsen und Renditen und dies ist regelmäßig der Fall, wenn allein schon Inflationserwartungen zunehmen, dann fallen die Anleihekurse, dann ist das  schlecht für die Anleihemärkte.

Was die Märkte zur Zeit sehen, ist lediglich der Beginn eines Ausverkaufs bei etwas über drei Prozent für Treasuries mit zehnjähriger Laufzeit. Experten warnen, Investoren müssen sich auf Renditen von fünf Prozent und mehr für zehnjährige US-Papiere einstellen. Genau genommen haben wir es dann nicht mit einem Ausverkauf von Bonds zu tun, sprechen lieber von fallenden Kursen im Markt.
Fallen also die Kurse von US-Bonds, treten den Investoren, den Bestandsinvestoren, die Schweißperlen auf die Stirn. Und mit jeder Erhöhung der Zinsen resp. Renditen werden es mehr und am langen Zinsende erscheint die grinsende Fratze von Riesenverlusten. Rette sich wer kann, lautet dann das Motto eines hysterischen Marktes, auf dem es leicht zu Panikverkäufen kommen kann; dann haben wir das Ausverkaufsszenario.

Die aktuelle Situation an den US-Bondsmärkten zeigt einmal mehr, dass ein hohes Zinsniveau die Risiken auf den Finanzmärkten und auch die Ängste vor einem Wirtschaftsabschwung verstärken kann. Und das dies real ist, also in der realen Wirtschaft stattfindet, nachdem die Ängste der (Bestands-) Investoren und die Kurse an den Finanzmärkten dieser vorläufig waren, wollen wir an dieser Stelle notieren10 .
Parallel zu diesem Szenario findet man unschwer auch eine Umkehrung im Vorzeichen der Renditen für inflationsindexierte US-Anleihen11 . So notiert die Rendite für zehnjährige inflationsgeschützte US-Anleihen auf über einem Prozent. Lange Zeit war es teuer, Geld aus Mangel an Anlagemöglichkeiten gewissermaßen an der Seitenlinie der Finanzmärkte zu parken, bis ein günstiger Einstiegszeitpunkt sich anbietet. Geld verlor dadurch an Kaufkraft, weil der Realzins unterhalb der Inflation notierte und Eigentum verzeichnete damit Wertverlust.
Nun, mit einem positiven Wert von 1% über dem Inflationswert, wird es Investoren möglich, nicht nur zu investieren, sondern auch zum richtigen Zeitpunkt zu investieren, ohne Wertverluste in der Zwischenzeit. Das zieht noch einmal mehr an den Transfers von Kapital aus den Schwellenländern in den Dollarraum, was wiederum den Dollar an sich stärkt, und die Situation der Schwellenländer verschlechtert. Auch ohne weitere politische Kampfansagen der US-Administration reicht die Verlagerung der Kapitalströme schon aus, die schwer erkämpften positiven Wirtschaftseffekte in den Schwellenländern schnell und nachhaltig zu schädigen.

Aber nicht nur die Bondsmärkte zeigen Zeichnen hysterischer Rotation. Zunehmend drehen Investoren auch von Aktienmärkten in scheinbar festere Anleihenmärkte, besonders nun in kurzlaufende, etwa zweijährige US-Staatsanleihen, deren Rendite mittlerweile die durchschnittliche Dividendenrendite des US-Leitindexes S & P 500 übersteigt. Investoren reagieren damit auf die zu erwartenden Rückschläge an den Aktienmärkten, meiden langlaufende zugunsten kurzlaufender Bonds der US-Regierung.

Wir halten also fest, dass das Verhalten der Investoren an den US-Finanzmärkten aus aktueller Sicht auf zwei ganz wesentliche Erscheinungen hinweist, dass der Realwirtschaft, sowohl in den Schwellenländern aber auch in Europa erhebliche Mühen bereitet. Die Dominanz der amerikanischen Finanzmärkte wäre nicht so ausgeprägt, ohne den Dollar als weltweite Leitwährung. Zweitens: fiskal- und handelspolitische Entscheidungen der US-Administration beeinflussen über die Maße hinaus die Kapitalmärkte außerhalb der USA sowie die mikroökonomischen Prozesse in diesen Ländern selbst.



Die Tugend der Tatkraft


Es ist schon ein wenig rätselhaft, ja geheimnisvoll und schier unglaublich, wie aus einem lapsus linguae12 so viel Wirkung auf den internationalen Finanzmärkten und speziell auf Währungen ganzer Staaten hervorgehen kann. Wir haben bereits in anderen Kontexten erfahren, dass die große naturwissenschaftliche Weltformel: die Natur hat ihren Grund und damit Ursache und Wirkung in sich, sich so leicht auf den Menschen nicht übertragen lässt.
Das Kausalprinzip, das im 20. Jh. auch in den Naturwissenschaften an vielen Stellen ins Wanken geraten ist, war in den Geisteswissenschaften über lange Sicht betrachtet stets bloß ein Desiderat, eine Wunschprojektion, die, fand sie als „Vernunftprinzip“, als „autonome Negation“ in der Logik, als „Wille zur Macht“ oder als „Unbewusstes“, nicht zu vergessen als „Signifikant“, auch vorübergehend zu einer „Position“, so war sie recht bald im Durchlauf kritischer Reflexion meist nicht mehr als ein Häuflein Elend.

Das Häuflein Elend, das als ewige, produktive Unruhe des Denkens vielerorts leidlich verklärt wurde und wird, hat lange Tradition. Hesoid, der erste, wirkliche Ökonom im westlichen Abendland, sah bereits genauer hin auf die „polis“ und entdeckte dort, gewissermaßen als deren tragende Figur dahinter den frischgebackenen, privaten Eigentümer, den gewissermaßen ersten Vorstand einer Unternehmenseinheit, des griechischen ‚oikos‘.
Der Oikos war privates Eigentum. Aber damit längst kein gesichertes und somit auch keine Sicherung gegen Armut, Krankheit und Tyrannei. Der Oikos stand und entwickelte sich wie alles Seiende in einem Umfeld, in einem System von Relationen oder einer Wirtschaftspraxis, wie weit- oder engmaschig man dies auch geknüpft sehen mochte.
Was bis heute, bis auf wenige Ausnahmen aber übersehen wurde, ist eben dieses Umfeld, das bei genauer Hinsicht gar kein Umfeld ist, in dessen Zentrum der Oikos steht.

Nur wenn man etwas zu einem Zentrum erklärt, zu einem Zentrum von Handlungssträngen oder Aktivitäten, wird eine Betrachtung dessen, was scheinbar der alleinige Ausgangsort von Handlungen ist, sichtbar. Dass also vom Arbeitsfleiß und Einfallsreichtum des Hausherrn (Kyrios), des Familienoberhauptes und Oikos-Vorstandes dessen Wohl und Wehe, dessen eigener Reichtum und die Wohlfahrt seiner „Knechte“ abhängt, verdankt sich also einer Perspektive und nicht zugleich schon eines Sachverhaltes.
Die Perspektive sieht die Dinge in einem Bezug zu einem „Subjekt“, hier eines „Herrn“ als zentraler Bezugspunkt einer Haus- und Wirtschaftsgemeinschaft, die den Lebensmittelpunkt im antiken Griechenland bildete.

Der Kyrios (altgriechisch κύριος kýrios ‚Herr‘) war im antiken Griechenland der männliche Vorstand dieses Haus- und Wirtschaftsverbandes und übte dort die rechtliche Gewalt (κυρία kyría ‚Vollmacht‘) aus. Er hatte also das Bestimmungsrecht über alle Angehörigen seines Haushaltes, vor allem Frauen und Sklaven und war somit rechtlich auch Inhaber einer sog. „Geschlechtsvormundschaft“13 . Ohne an dieser Stelle auf die vielfältigen Implikationen der Geschlechtsvormundschaft eingehen zu wollen, halten wir aber notwendig für weiteres fest, dass diese an ein Geschlecht gebundene Heteronomie sich in der Geschichte auch als eine sog. „Sachherrschaft“ und als eine „Rechtsherrschaft“ entwickelt hat.

Das heißt nicht mehr und nicht weniger als dass die Kyria einmal die Berechtigung zur rechtlichen und tatsächlichen Verfügung über eine Sache in Form einer Heteronomie beschreibt wie auch die Rechtsvertretung vor Gericht, insofern Personen oder im rechtlichen Sinne Geschädigte ihre gerichtliche Vertretung nicht autonom ausführen dürfen – im antiken Griechenland mussten Personen, die selbst nicht rechtsfähig waren (Frauen, Sklaven, Kinder) sich vor Gericht von ihrem Kyrios vertreten lassen14 .

Wir erkennen unschwer, dass mit dem Kyrios bestimmte „Eigenschaften“ verbunden sind, die innerhalb eines Systems von Herrschaftsbeziehungen sowohl ökonomischer, sexueller wie rechtlicher Art bestimmt sind. Und zugleich wird auch deutlich bzw. klar und einleuchtend, dass das System von Herrschaftsbeziehungen oder Heteronomien nicht auf „Eigenschaften“ beruht, sondern im umgekehrten Fall diese ihre Bestimmungen finden. Die ökonomischen, sexuellen und rechtlichen „Sachverhalte“, wir sprechen heute lieber von „Strukturen“, bestimmen die Eigenschaften des Kyrios tatsächlich und nicht umgekehrt. Die eheliche Vormundschaft, Mundium genannt, Herrschaft und Gehorsam generell und feingliedrig in Ehe und Familie differenziert, Schutz und Ansehen bestimmen sich aus einem paradigmatischen Missverständnis der tatsächlichen Sachlage des griechischen Oikos. Eigenschaften, nie an sich selbst bedeutend, werden nun zum Bedeutungsträger, werden signifikant.

Durch die Pflicht zum Gehorsam war in den alten gesetzlichen Regelungen des Eherechts klargestellt, daß die Frau den Entscheidungen des Mannes Folge zu leisten hatte. Implizite der Gehorsamspflicht ist auch die Verbindlichkeit zur Treue und zur Leistung der ehelichen Pflicht enthaltenen sowie die Sanktionen einer „Verweigerung der ehelichen Pflicht“ (meint: Verweigerung des Geschlechtsverkehrs) und „Untreue“ (meint: Ehebruch) hinreichende Scheidungsgründe abgeben, die früher die vollständige materielle Armut und in manchen Gesellschaften bzw. Religionen wie etwa dem Islam auch den Verstoß der Ehebrecherin aus der sozialen und familialen Gemeinschaft und schlimmeres zur Folge hatten15 .

Alle rechtlichen (und religiösen) Strukturen ergreifen aus einem Verständnis von Eigenschaften ihre scheinbare Legitimität. Autonomie steht so in Relation zur Heteronomie als deren ultimativen Grenzwerten, als quasi höchste bzw. niedrigste Eigenschaften, aus denen sich Mundium, Schutz bzw. Schutzbedürftigkeit (des „schwachen Geschlechts“), Herrschaft und Gehorsam ableiten. Sie alle gehen zurück auf den antiken griechischen Titel des Kyrios, des Herrn des Oikos und dessen Verständnis als „ein Mann mit Eigenschaften“, die ihn zum „Machtzentrum“ der antiken Haus- und Wirtschaftsgemeinschaft bestimmte.

Diese Eigenschaften, die in der Autonomie des Kyrios sich versammeln, wurden im Laufe der Geschichte vor allem durch die christliche Religion und im Römischen Imperium fortgeschrieben und radikalisiert. Der Titel Kyrios wird im Sprachgebrauch des Neuen Testaments sowohl für Gott als auch für Jesus Christus verwendet und in der Liturgie ist die griechische Anrufung Kyrie bzw. Herr für Jesus Christus geläufig16 .
Der Kyrios findet seine Fortschreibung im römischen „pater familias“, wo er die absolute Macht über Leib und Leben der Familienmitglieder erreicht. Im Sinne des „Patriarchats“ ist die Herrschaft des Hausherrn über Sklaven, Frau und Kinder erweitert auf die im Oikos lebenden, erwachsenen Söhne und deren Gattinnen.

Aber wie ist denn der Kyrios tatsächlich bestimmt? Wie sieht Hesoid den mächtigen Eigentümer von Haus und Hof? Hesoid sah keine „Eigenschaften“ am Kyrios, keine Eigenschaften, die sich in Autonomie oder gar wie später in Rom in Macht versammeln sollten; außer unter der „Eigenschaft“ der „Hybris“.
„Ich werd dir…keinen Scheffel mehr leihen. An die Arbeit, törichter Perses. / Sieh zu du, dass die Schulden du zahlst und wehrest dem Hunger.“17
Perses, der Bruder, wird von Hesoid hier nicht nur der Hybris bezichtigt, sondern dessen tatsächliche Beziehung als die eines Schuldners gegenüber dem Bruder beschrieben. Und als Schuldner hat er, ganz gleich, ob rechtlich bindend oder nicht, in einen Kontrakt, mindest informell mit seinem Bruder eingewilligt, diese Schulden zu begleichen und dies, wenn nicht anders, durch Arbeit zu versuchen. Hybris ist also hier nicht nur eine Haltung, ein Habitus, sondern eine Vertragsverletzung, die die Unbotmäßigkeit einer Haltung beschreibt, die mit hohem Einfallsreichtum aber wenig Arbeitsfleiß zu Reichtum oder Wohlstand zu kommen trachtet.

Der Einfallsreichtum richtet sich praktisch auf den Gläubiger, den Geldgeber, und nicht auf die Tätigkeit des Erwerbs von Eigentum. Auch damals schon im antiken Griechenland, war der Erwerb von Eigentum notwendig mit Arbeit verbunden. Arbeit, wie sie Hesoid gegen seinen Bruder als eine praktische Lebensweise beschreibt, die darauf ausgerichtet war, sich durch harte bäuerliche Arbeit Wohlstand zu erwirtschaften. Entgegen des brüderlichen Habitus‘ entbindet aber Eigentum nicht von dem Moment der Arbeit, sondern verbleibt im ökonomisch gebotenen Aufwand der Sicherung des Eigentums wie dessen sozialer Verpflichtung. So gebiete gerade das verschuldete Eigentum dem Bruder fortan, „sich emsig (…) beim Pflügen und Pflanzen und beim Bestellen des Hauses zu rühren“ (WT, 22f.).

Eigentum steht als nicht nur in einem Zusammenhang von praktischen Tätigkeiten und Strukturen, Eigentum verpflichtet. Dies gilt für Eigentum als Schuldkontrakt, aber ebenso auch für Eigentum in seiner sozialen Beziehung, hier dem Oikos. Die Tugend der Tatkraft hat also eine irreduzible soziale Dimension. Sie als eine Eigenschaft eines Menschen zu betrachten, ist folgenreich.
Die Tugend, ἀρετή (Arete), hat diese Bedeutung als Tugend und missverständlich als Tugendhaftigkeit in einem moralischen Sinne ursprünglich nicht. Der Begriff Tugend rekurriert auf das Verb taugen und so gehört zur ursprünglichen Bedeutung auch die Tauglichkeit einer Person. Tugend bezeichnet also eine hervorragende Eigenschaft bzw. eine vorbildliche Haltung einer Person.

Im Begriff der Tugend ist somit ein soziales Gefüge unter normativen Gesichtspunkten eingekapselt. So bezeichnet z. B. in der Ethik der Begriff eine sozial wertvolle, angesehene, als wichtig und erstrebenswert geltende Charaktereigenschaft, die eine Person befähigt, das sittlich Gute zu verwirklichen, also durch seine Handlungen zugleich dem Wohl der Gemeinschaft zu dienen. Damit verbindet sich auch die antike Auffassung, dass dieser Eigenschaft und der Person, die über sie verfügt, Lob und Bewunderung gebühren.

Aber an dieser Auffassung erkennt man schon den Bedeutungswandel hin zur moralischen Tugendhaftigkeit, die sich dann im Christentum vermitelt und ausgebreitet hat. Der altgriechische Ausdruck ἀρετή hat seinen Bedeutungswandel in sich verschlossen, gleichwohl sei erinnert daran, dass Arete eigentlich die „Gutheit“ meint – etwas ist gut für etwas – das heißt die Tüchtigkeit einer Person bei der Erfüllung ihrer besonderen Aufgaben oder die Tauglichkeit einer Sache für den Zweck, den man erreichen will, dem sie dienen soll.

Arete mit „Tauglichkeit“, „Vorzüglichkeit“ oder „Vortrefflichkeit“ wiederzugeben, kommt also der ursprünglichen Bedeutung der Tugend sehr nahe, muss aber um den in den „Eigenschaften“ eingekapselten praktischen wie sozialen Zusammenhängen stets eingedenk bleiben. Und diese ökonomischen Zusammenhänge der Tugend aus ihren praktischen Gegebenheiten wie sozialen Folgen werden bei Hesoid klar dargestellt, ohne dass Hesoid damit – anders als Platon – zugleich eine Beziehung zwischen Oikos und Polis, wie übrigens Aristoteles auch, hergestellt hat18 .
Ganz nach dem Satz: Zuerst kommt das Fressen, dann die Moral, lassen die Schilderungen Hesiods im Gegensatz zu den homerischen Epen, die in erster Linie die adelige Lebenswelt zeigen, Rückschlüsse auf das Leben knapp oberhalb des Existenzminimums zu: Landwirtschaftliches Arbeiten, die Erbteilung und deren Gefahren sind dabei ebenso Thema wie Verschuldung und nachbarschaftliche Solidarität, die das Überleben in der bäuerlichen Gemeinschaft zu sichern halfen. Das Überleben des eigenen kleinen Oikos war für Hesiod dabei natürlich wichtiger als die Teilhabe am politischen Prozess in der Polis.

Das ist die Tugend der Tatkraft bei Hesoid, die sich heute als eine Mischung aus sozialen und bürgerlichen Tugenden ergäbe. Wichtig zu bedenken dabei ist, dass bürgerliche Tugenden wie etwa Ordentlichkeit, Sparsamkeit, Fleiß, Reinlichkeit und Pünktlichkeit auf die praktische Bewältigung des Alltags unmittelbar ausgerichtet sind, deren soziale Funktion aber hauptsächlich – neben hygienschen – im Aufbau und der Sicherung einer wirtschaftlichen Existenz begründet sind. Das Ziel wie der Grund der bürgerlichen Tugend ist also die Existenzsicherung, insofern die Alltagsbewältigung so rational wie möglich sein und damit so viel Zeit wie nötig für die Reproduktion des Daseins durch Arbeit zu Verfügung stehen soll19 .

Hesoid hat zudem recht klar gesehen, dass Tatkraft, mithin Arbeitsfleiß und Einfallsreichtum, Grundlage für Reichtum allein nicht sind. Er wusste, wie fundamental wichtig es ist, Eigentum nicht einfach zu verbrauchen, sondern Eigentum zu sichern, indem man möglichst Schulden vermeidet oder, so sie durch Kredite eingetreten sind, diese so schnell wie möglich durch Arbeit und Einfallsreichtum wieder ausgleicht.
Und er erkannte darüber hinaus, dass es gerade das Eigentum und seine „carrying coats“ sind, die in die Arbeit führen. In die freie Arbeit, in eine auf die Autarkie der Selbstversorgung zielende Arbeit, die zwar nie ganz erreicht werden kann, da die Arbeit auch als freie Arbeit am eigenen, bäuerlichen Wirtschaftsunternehmen nie unabhängig ist von der Zusammenarbeit mit anderen Berufsständen, etwa dem Schmied, und somit in einem arbeitsteiligen Umfeld sich entwickelt.

Reichtum, der sonst nichts tut, außer seinen Reichtum zu verzehren, gehört nicht zu den antiken Tugenden, auch nicht zur Vernunft bzw. Weisheit. „Wisse, daß in Hellas von jeher Armut wohnt, dann aber Tatkraft eingeführt worden ist, herbeigeholt von der Weisheit und strengen Gesetzen. Und mit Hilfe der Tatkraft erwehrt sich Hellas der Armut und der Tyrannei.“20

Hesoid wendet sich mit der Tugend der Tatkraft nicht zuerst an die an schwere Arbeit gewöhnten Leibeigenen, sondern an den Adel, die Aristokratie der griechischen Polis, deren Fortbestand er nicht so sehr mit Schwert allein verteidigt sieht, sondern die auf der Arbeit der „Freien“, der sog. Eliten gründet. Was gäbe es zu verteidigen, ohne deren Tätigkeit, „die Männer an Herden reich macht und Silber (kursiv);[…] Arbeit, die (kursiv) ist nicht Schande, das Nichtstun jedoch, das ist Schande.“
Eng also verbunden mit der Tugend der Tatkraft ist deren soziale, politische und ökonomische Dimension; sonst wäre Tatkraft allein eine Eigenschaft und keine Tugend. Die Polis entwickelt sich daher aus der sozialen, der ökonomischen und schließlich der politischen Dimension der „Arbeit“.



Kyrie eleison des Managements


Das Kyrie eleison des modernen Managers ist das der modernen Ökonomie: Erfolg ist eine Eigenschaft besonderer Menschen. Also keine Tugend, sondern ein Bündel von Eigenschaften, die unter die Begriffe Motivation und Kompetenz sich versammeln. Aus einem tugendhaften Menschen, einem Mann ohne einzig auf ihn bezogene Eigenschaften, wurde also der Mann mit Eigenschaften, mit Kompetenzen und dem intrinsischen Willen (Motivation) zum Erfolg.

Motivation und Kompetenz bilden das signifikante Zentrum, an dem sich wirtschaftlicher Erfolg messen kann. Hybris (altgriechisch ὕβρις hýbris ‚Übermut‘, ‚Anmaßung‘) bezeichnet eine extreme Form der Selbstüberschätzung oder auch des Hochmuts. Man verbindet mit Hybris häufig den Realitätsverlust einer Person und die Überschätzung der eigenen Fähigkeiten, Leistungen und Kompetenzen, vor allem von Personen in leitenden Funktionen im Wirtschaftsleben und in politischen Machtpositionen.

Wir haben gezeigt, dass die Signifikanz, also das, was eine „Eigenschaft“ bezeichnet, nicht unbedingt etwas mit der „Sache“ zu tun haben muss; im Gegenteil. Selbst der große Tugendtheoretiker des antiken Griechenlands, Aristoteles, konnte nicht immer und eindeutig gerade die ethischen Tugenden zuordnen, da sie als „Tugenden der Gewöhnung“ stets zwischen dem „vernunftbegabten“ und dem „vernunftlosen“ Seelenteil zu wandern scheinen21 . Da aber die Tugenden spätestens seit Aristoteles in einer Art gegensätzlicher Eigenschaften im Sinne von angelegten bzw. durch Gewöhnung passiv erworbenen Möglichkeiten menschlichen Verhaltens, wir würden heute von Charaktereigenschaften sprechen, gedacht werden, ist deren komplexer Sachverhalt allein nur noch post festum signifikant.

Schauen wir auf die klassischen Grundtugenden, die seit dem Mittelalter auch Kardinaltugenden genannt werden, dann finden wir im Verhalten der modernen Wirtschaftsführer keine mehr. Klugheit bzw. Weisheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mäßigung stehen fast schon diametral einer erfolgreichen Praxis in ökonomisch-politischen Zusammenhängen entgegen. Fleiß (industria) bzw. die Untugend der Faulheit (acedia), einst den „Himmlischen Tugenden“22 zugehörig, spielen heute im Bereich Arbeit eine wertschöpfende Rolle, keine auf der Seite des Kapitals bzw. der Kapitalvertretung, also im leitenden Management.

Auch die bürgerlichen Tugenden bzw. Eigenschaften zählen im Wertschöpfungsprozess nicht, spielen keine Rolle mehr. Von den sozialen Tugenden bzw. Eigenschaften wie Vertrauen und Aufrichtigkeit, lange Zeit Eigenschaften, die in der Entwicklung der westlichen Industriegesellschaften und deren Finanzkonglomeraten besonders im Management eine wichtige Rolle spielten, ist kaum noch etwas vorhanden. Führungsstark, eigenverantwortlich, visionär, kostenbewusst, entschlussfreudig, dynamisch, loyal, das sind häufig die Antworten der Personalentscheider auf die Frage, welche Fähigkeiten und Eigenschaften der Wunderknabe „Manager“ mitbringen soll. Wunderknabe deshalb, weil er wie ein Unternehmer handeln soll, ohne es aber je zu werden, wenn er nicht ein eigenes Unternehmen gründet.

Als Unternehmens-Repräsentant erwartet man von ihm aber noch ein ganzes Bündel an unternehmerischen Tugenden wie etwa Disziplin. Die hat zwar für viele Menschen den negativen Beigeschmack einer unliebsamen preußischen Tugend, wird aber meist und gerade in leitenden Berufen als unverzichtbar erachtet. Mit ihr gemeint ist ein „rechtes Streben“ (orthe orexis), also konform zu den eigenen Werten zu handeln und nicht stets nur nach schnellem Ruhm oder Geschäft zu streben. Wer dies heute in börsennotierten Unternehmen versuchte, würde wohl nicht lange Vorstand sein.
Der Disziplin zur Seite steht heute und im Vordergrund eher die Loyalität. Gemeint damit ist hauptsächlich die Fähigkeit und Bereitschaft, die Werte des Unternehmens zu den eigenen zu machen; und dies auf unbedingte Weise. Diese Form eines Handlungsaltruismus ist die vielleicht wichtigste Eigenschaft, die auf jeden Fall von leitenden Berufen erwartet wird.

Betrachten wir die Eigenschaft der Ausdauer. Sie beinhaltet als eine Art der Orientierung die sog. Zehnjahresregel, nach der man zehn Jahre – heuristisch eine lange Zeit – braucht, bis man in einem bestimmten Bereich – sei es Beruf, Kunst, Sport, Hobby – herausragende Leistungen unter Beweis gestellt hat. Verglichen mit der durchnittlichen Verweildauer von Vorständen von etwa über drei Jahren mit abnehmender Tendenz, darf man die Ausdauer ruhig zu den „romantischen Tugenden“ zählen; dies aber bei einer „Bezahlung“, die weit höher ist, als die „Habenseite an Bildung und Erfahrung ausweist.

Hartnäckigkeit bzw. Durchsetzungsfähigkeit wird als Voraussetzung für den Erfolg allzu häufig unterschätzt. Selbst hoch talentierte Leute können ohne Hartnäckigkeit und Durchsetzungskraft in modernen Unternehmen keine Spitzenleistungen mehr erbringen. Hartnäckigkeit, also Durchsetzungskraft über einen längeren Zeitraum hinweg, bis an den Punkt einer Zielerfüllung steht aber heute in zunehmend mehr Berufsfeldern im krassen Gegensatz zu den sog. teamorientierten, mehr kooperativen Kompetenzen und bildet ein enormes Spannungsfeld, das einerseits produktiv auf die Arbeitsprozesse wirken kann, andererseits aber bei vielen beteiligten Personen, nicht nur im Management, zu persönlichen Belastungserkrankungen und Schwierigkeiten im Alltag führen kann.

Geduld wird heute nicht mehr isoliert betrachtet und als Gegensatz zur unternehmerischen Dynamik, sondern  als Gegenstück zum Aktionismus verstanden. Als solche wird sie dringend gebraucht, sowohl bei der persönlichen Weiterentwicklung, der Wahl der zeitlich richtigen Entscheidungen, der Adaption von Entscheidungen an günstige Marktphasen wie ebenso wie bei der Durchsetzung von Veränderungsprozessen im Unternehmen – also im Changemanagement.
Dynamik und Entschlussfreudigkeit enthalten demnach, außerhalb von Changemanagement-Prozessen, den Aspekt des Momentums.

Die Tugenden der Frustrationstoleranz, der einst so genannten Nehmerqualitäten wie der heute geläufigeren Resilienz, versammeln alle mehr oder weniger die Fähigkeit, auch mit negativen Erfahrungen und Erlebnissen produktiv, dh. zielgerichtet umzugehen. Innerhalb der Begeisterung für die Unternehmensziele und dem leidenschaftlichen Engagement deren Umsetzung im eigenen Arbeitsfeld kommt der Fähigkeit, mit Tiefen, Niederschlägen und Krisen konstruktiv umgehen zu können natürlich eine große Rolle zu. Dazu gehört auch die Fähigkeit, mit Kritik von Eigentümergremien, von Vorgesetzten, Kunden und Mitarbeitern konstruktiv umgehen zu können sowie Kontrolle über die eigenen Gedanken zu gewinnen, vor allem nach Fehlschlägen, Notlagen oder bedrohlichen Situationen und sich eine positive, realistische Sichtweise zu erarbeiten, die es erlaubt, Entmutigungen entgegen zu arbeiten und sich auf positive Ziele fokussieren zu können.

Was einmal als Demut gerade in Zeiten der industriellen Entwicklung besonders bei Familienunternehmen imponierte, wird heute fast schon bemitleidet, ist eine fast schon vergessene Eigenschaft. Sie ersetzt heute die Eigenschaft der Kommunikationsstärke, also die Fähigkeit, andere Menschen, Märkte und Investoren von den eigenen Fähigkeiten zu begeistern, zu überzeugen.

Die Pointe dabei liegt also weniger in der Überzeugung von den Marktpotenzialen des Unternehmens, als vielmehr in der unternehmerischen Phantasie des Repräsentanten. Damit ist eine Demarkationslinie überschritten worden, die allgemein die sog, „Old“ von der New Economy unterscheidet. Diese Unterscheidung bedeutet nicht, dass die kommunikativen Fähigkeiten des Managements nur für jene gelten, die in der New Economy tätig sind; eben nicht. Sie werden umfassend heute auch in der Old Economy, also auch in den traditionellen Industrieunternehmen erwartet.
Kommunikationsstärke ist deshalb heute so signifikant, weil der Unternehmenserfolg in der Old wie in der New Economy ganz wesentlich von Investoren und zunehmend von aktivistischen Investoren anhängt. Und diese Abhängigkeit wiederum gründet in den Veränderungsprozessen, genauer gesagt in den Transformationsprozessen, die sich seit etwa zwanzig Jahren um die Begriffe Digitalisierung und Globalisierung anordnen.







Anmerkungen:

1 Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika

2 Der Internationale Währungsfonds (IWF) kategorisiert 150 Länder als 'Schwellenländer' (Emerging and developing economies), darunter Südafrika, Mexiko, Brasilien, Pakistan, die Volksrepublik China, Indien, die Philippinen, Thailand, Malaysia, Äthiopien, Ungarn, Polen, Litauen, Ukraine, Russland und die Türkei.

3 Emerging Markets Currency Index

4 IfW-Experte Hauber

5 Als Leitwährung (oder Ankerwährung) bezeichnet man eine Währung, die im internationalen Zahlungsverkehr über Währungsräume hinweg in bedeutendem Umfang als Transaktions- und Reservewährung genutzt wird, obwohl eine Zahlung in der Inlandswährung möglich wäre.

6 Die Laffer-Kurve spielte im Rahmen der Reaganomics und der Angebotsökonomik eine Rolle als Begründung dafür, dass durch Senkungen des Steuersatzes das Steueraufkommen und das Nationaleinkommen gesteigert werden können; die Realität hat dies widerlegt.

7 Position Trading, auch Long-Duration-Trading genannt, ist eine Handelsstrategie, die über einen längeren Zeitraum verfolgt wird. Anleger setzen mit dem Position Trading auf übergeordnete Trends und versuchen, von diesen mit CFDs in vollem Umfang zu profitieren.
Im Gegensatz zum Day- und Swing Trading, bei dem Investoren mit CFDs auf Intraday-Bewegungen oder einige Tage bis Wochen setzen, beträgt der Anlagehorizont beim Position Trading mehrere Wochen, Monate oder sogar ein Jahr. Der Position Trader versucht, Werte wie beispielsweise Einzelaktien zu identifizieren, bei denen sich eine stärkere Kursbewegung nach oben – oder beim Shortselling entsprechend nach unten – andeutet. Dazu nutzt der Anleger die klassische technische Analyse, oft ergänzt durch Fundamentalanalysen. (vgl. finanzen.net)

8 Yuan oder Remnimbi? Der Begriff Renminbi wird benutzt, wenn es um die Währung als solche geht, sei es an der Börse oder bei Gesprächen der G 20.
Das Wort Yuan nutzt man dagegen, um eine Summe zu beziffern. Wer in einem Pekinger Restaurant um die Rechnung bittet, wird vom Personal aufgefordert, eine entsprechende Summe Yuan zu bezahlen, nicht Renminbi. Dabei halten die Chinesen wohl an alten Gewohnheiten fest. Denn zwischen 1889 und 1949 hieß die Landeswährung tatsächlich Yuan.

9 Burning Man ist ein jährlich stattfindendes Festival im US-Bundesstaat Nevada in der Black Rock Desert. Das Festival dauert acht Tage und endet traditionell am ersten Montag im September, dem US-amerikanischen Labor Day. Seine Kernveranstaltung ist das Verbrennen einer sich jährlich verändernden menschlichen Statue – der Burning Man – am sechsten Festivaltag.

10 Wir haben an anderer Stelle bereits daruf hingewiesen, dass wir Heinsohn, Steiger grundsätzlich im Gedanken folgen, dass Zinsen direkt mit Eigentum verbunden sind. Wir folgen den Autoren aber nicht - wie auch bereits vermerkt - dass Zinsen in jegweder Höhe einen "postiven" Effekt auf das Eigentum der Investoren über den Eigentumserhalt hinaus haben.
Ebenso verfängt an dieser Stelle auch der grundsätzliche Gedanke von der generellen Gewinnmaximierung des Wirtschaftssubjekts - wie wir sehen werden.

11 Eine inflationsindexierte Anleihe bietet dem Investor Schutz vor dem Inflationsrisiko und ähnelt bezüglich ihrer Zinsausschüttung einer variabel verzinslichen Anleihe, mit dem Unterschied, dass zusätzlich auch die Kapitalrückzahlung je nach Inflationsentwicklung unterschiedlich hoch ausfallen kann. Bei Inflation steigt die Zinsausschüttung an, bei Deflation fällt sie, sofern in der Konstruktion der Anleihe für diesen Fall keine Sondervereinbarung getroffen ist.
Der Kapitalschutz gilt nur für das Ende der Laufzeit. In der Zwischenzeit kann die Kursnotierung schwanken und auch unter den Nennbetrag der Anleihe fallen. Zudem unterliegen die Inflationsanleihen nicht der Einlagensicherung, wodurch sie bei Insolvenz nicht geschützt sind. Experten kritisieren auch die Undurchsichtigkeit der Inflationsanleihen, weil hier leicht versteckte Kosten entstehen können.

Das früher in Deutschland bestehende Indexierungsverbot wurde mit der Euro
­einführung aufgehoben (vgl. Wikipedia).

12 Im Jahr 2013 war allein die Äußerung des damaligen FED-Chefs Bernanke, die massiven Anleihenkäufe der FED in den USA einzustellen, ein lapsus linguae, den Bernanke sich lange nicht verziehen hat, ausreichend, um einen dramatischen Kapitalabfluss aus den Schwellenländern zu provozieren. Die türkische Lira, der südafrikanische Rand oder die indische Rupie werteten darauf hin binnen eines Jahres um 10% bis 30% gegenüber dem US-Dollar ab.

13 Geschlechtsvormundschaft bezeichnet die rechtliche Unselbständigkeit (Heteronomie) oder rechtlich bedingte Einschränkungen der Selbständigkeit (Autonomie) von Frauen. Bei Geschlechtsvormundschaft kann eine Frau ihre Rechte nicht in gleicher Weise wie ein Mann wahrnehmen, sondern bedarf eines männlichen Beistands oder Vormunds und muss die Führung ihrer Geschäfte gegebenenfalls vollständig einem Mann überlassen.
Ernst Holthöfer: Die Geschlechtsvormundschaft. Ein Überblick von der Antike bis ins 19. Jahrhundert. In: Ute Gerhard (Hrsg.): Frauen in der Geschichte des Rechts: von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart. München 1997, S. 390–451.
Die Geschlechtsvormundschaft ist ein zentraler Aspekt bei der Beschränkung von Frauenrechten in einer Gesellschaft, die bis weit in das letzte Jahrhundert generel gültig war und in Deutschland erst im Jahr 1977 abgeschafft worden ist.

14 Bei Rechtsgeschäften musste eine Frau durch einen männlichen Verwandten, ihren Kyrios vertreten werden: Eine verheiratete Frau wurde durch ihren Mann vertreten; wenn eine Frau nicht verheiratet war, war der nächste Verwandte der Kyrios dieser Frau; im Falle eines unverheirateten Mädchens oder einer Witwe, die ins Haus ihrer Familie zurückgekehrt war, war dies üblicherweise ihr Vater oder ersatzweise ihr Bruder oder Onkel väterlicherseits; es konnte aber auch ihr Sohn sein.

15 Ehebruch gilt im Islam als schweres Verbrechen, das nach den Bestimmungen des Korans mit je 100 Peitschenhieben für Mann und Frau bestraft werden soll. Der Koran warnt nachdrücklich vor Milde aufgrund von Mitleid mit den Schuldigen:
„Und laßt euch im Hinblick darauf, daß es um die Religion Gottes geht, nicht von Mitleid mit ihnen erfassen, wenn ihr an Gott und den Jüngsten Tag glaubt“ (Sure 24,2).

16 Kyrie eleison: "Herr, erbarme dich!"

17 Hesiod: Werke und Tage, 396f./404. (WT)

18 Zur Problematik der Übersetzung des Begriffs siehe Peter Stemmer: Tugend. I. Antike. In: Historisches Wörterbuch der Philosophie. Band 10, Basel 1998, Sp. 1532–1548, hier: 1532f.

19 Otto Friedrich Bollnow bezeichnet die bürgerlichen Tugenden daher auch als „wirtschaftliche Tugenden“. Otto Friedrich Bollnow: Vom Wesen und Wandel der Tugenden. S. 31 ff.
Sie stellen das pragmatische Gegengewicht zu den sonstigen, oft an Idealen orientierten Tugenden dar.

20 Herodot, Historien, Buch VII, Kap. 102

21 Vgl. Aristoteles: Nikomachische Ethik. Artemis & Winkler, Düsseldorf 2001, ISBN 3-7608-1725-4 (griechisch und deutsch; Übersetzer: Olof Gigon).

22 Vgl. Prudentius Clemens: Psychomachia. Erschienen in Psychomachia. Jakob von Breda, Deventer Nicht vor 10. IV. 1497



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